In den 90er Jahren war ich noch öfter in Paris, als in den letzten Jahren. Und weil ich mich ungern auf die Metro verließ, um zu meinen Terminen zu kommen, suchte ich mir immer ein Hotel in der Nähe des Veranstaltungsortes. Ich fand eine ganz billige Absteige in der Rue Poncelet. Das hatte weiterhin den unschlagbaren Vorteil, dass vor der Tür ein täglicher Markt aufgebaut wird, der einfach alles bietet, was das Herz begehrt und auf dem mir ein dicker, freundlicher Metzger eines schönen Tages unaufgefordert ein Stück Graubrot über die Theke reichte und darauf fingerdick eine wohlriechende Masse schmierte, die ich nicht kannte.
Das was 1993 und ich war ein weltoffenes aber -unerfahrenes Zonending, das zum Beispiel erst Ende 1990 seinen ersten Champagner trank und auf meine ersten Périgord Trüffel sollte ich noch bis 1997 warten müssen 🙂 Auf dem Straßenmarkt gab es einfach alles: Obst, Gemüse, Kuchen, Wein, Brot, Fleisch, Fisch, Langusten, Seeigel, Würste, Käse, Milch, Honig etc. und eben auch frische Gänsestopfleber. Geschmacklich ist gar kein Vergleich übrigens, zu dem Kram aus den Konservendosen! Bevor es hier Alarm gibt, rede ich aber lieber von kleinen Schweinen.
An der Ecke Avenue des Ternes hatte ein großer Klamottenladen neu eröffnet: NAFNAF – so der Name der Kette und das Markenzeichen war der Fußabdruck eines Ferkels und kleine Schweine gehören bis heute immer wieder zur Ladendeko. Meine Pariser Freundinnen schwärmten von dem modernen Angebot und trugen NAFNAF- ich fand den Namen albern und rannte jedenfalls immer nur daran vorbei – schnurstracks weiter zur nächsten Ecke, zu fnac – Ternes. Diesen Laden liebte ich und ließ dort sehr viel Geld für Silberscheiben mit Musik und erfuhr erst vor ein paar Monaten, dass dieses wunderschöne Gebäude bis zu seinem Tod Muammar al-Gaddafi gehörte. Da habe ich aber wirklich sehr gestaunt! In der Berliner Meinekestrasse gab es auch mal einen großen fnac Store. Als ich noch in der Knesebeckstrasse arbeitete, verbrachte ich dort regelmäßig meine Mittagspausen. Im Winter war es warm, im Sommer klimatisiert und das Angebot an französischen Büchern und Musik traf genau meinen Geschmack.

Aber zurück in die französische Hauptstadt: Es war November in Paris und es war kalt. Mir fiel auf, dass viele Pariserinnen lange Mäntel trugen. Zweireiher – ich fand sie eher altmodisch. Sie waren oben eng, unten glockig und erinnerten mich an die Armeemäntel für den Rußlandfeldzug, die ich aus den historischen Filmaufnahmen kannte, die wir in der Schule zu sehen bekamen. 

 
Als ich auf dem Weg zum Hotel war, sah ich im Schaufenster von NAF NAF so einen Mantel, ging in den Laden – und fand einen in meiner Größe. Trotzdem zögerte ich: grau, groß, schwer – ich probierte ihn an, sah mich im Spiegel und plötzlich fühlte ich mich…irgendwie dazugehörig. Und vor allem französisch chic! Mit meinem schwarz gefärbten US-Shellparka sah ich ja eher aus, wie aus den 70er übriggelieben oder eben wie frisch aus der DDR geschwappt. Bei uns lief ja seit der Uni jeder, der einigermaßen ANTI war, mit Levi’s Jeans und Nato-Plane herum. Jetzt trug ich stolz meinen Mantel. Zurück in Berlin sah ihn die Tochter einer Freundin und als ich wieder in Paris war, kaufte ich auch einen für sie. Als ich am letzten Wochenende den Mantel trug, fragte meine Freundin, ob es der „von damals“ sei.  Sie staunte nicht schlecht darüber, wie lange der sich bei mir gehalten hatte. Ich sag‘ mal so: 5 Umzüge später trage ich ihn immer noch.
Eigentlich kommt er viel zu selten zum Einsatz – im Blog war er HIER schon mal im Bilde. Im Auto stören mich die Länge und die Weite. Wenn es draussen düster und grau ist, stört mich die triste Farbe. Wenn ich jetzt allerdings die Bilder sehe – Sonne in Berlin und knackige Kälte –  dann denke ich, dass ich ihn ruhig öfter tragen sollte! Und weil bei dem Panoramablick aus dem Hotel über die Stadt die Gegend zwar nicht sehr malerisch (rechts unten der ehemalige und heute denkmalgeschützte Vieh- und Schlachthof), der Himmel über Berlin aber umso traumhafter war, bekommt Ihr auch dieses Bild zu sehen:
Ein dickes DANKE geht heute an meine Freundin hinter der Kamera, die geduldig mit mir in der Kälte stand. Tolle Fotos hat sie gemacht, wenn ich es auch noch schöner gefunden hätte, ohne den Busch zwischen meinen Beinen, die Treppenritze unter meinen Füßen. Es geht eben immer noch besser!
Und die Mütze muss ich noch extra erwähnen. HIER habe ich die Story dazu und HIER war sie meistgeklickt zu sehen und HIER verlinke ich sie heute!